• Zur Hauptnavigation springen
  • Skip to main content
  • Zur Hauptsidebar springen

Stefan Zeiler

Kunst - Text - Film

  • Home
  • Kunst
    • Malerei
    • Zeichnung
    • Pastell
    • Graphik
    • Archiv
  • Text
    • Prosa
    • Drama
    • Lyrik
  • Film
    • Claude Lorrain
    • ZIMZUM
    • Schillers Locken
    • Jan und Jandl
    • Monolog
    • Friedrich Plahl
    • Achtung Freiluftmalerei
  • Vita
    • Biographie
    • Ausstellungen, Screenings
    • Textveröffentlichungen
    • Filmographie
    • Lehrtätigkeit
    • Texte über Stefan Zeiler
    • Pressenachweise
  • Aktuell
  • Kontakt

Haupt-Sidebar

  • Prosa
    • Holzer
    • ZIMZUM
    • Die Zähne des Saturn
    • Gestreiftes Land
    • Meine Mutter und meine Brüder
    • Der Gast
    • Anschaffung einer Matratze
    • Sisyphos
    • Anweisung für einen Eintretenden
    • Körper der Erinnerung
  • Drama
    • NOAK. Kopflose Handlungen in einem Tiefdruckgebiet
    • SUMER. Befragung eines Unschuldigen
    • ZIMMER IM MAI
  • Lyrik
    • Kleines Welttheater für 4 Räder und 4 Beine
    • Vorkehrungen

NOAK. Kopflose Handlungen in einem Tiefdruckgebiet

Bühnenstück in 21 Bildern mit 1 Nachspiel
(frei zur UA, Rechte beim Autor)

Besetzung:
1 D (3 mit Nachspiel), 2 H (4 mit Nachspiel)
1 Dekoration, Musik, für Freiluftaufführung geeignet

Synopsis

Ein heruntergewirtschafteter Zirkus wird von einer Hochwasserflut überrascht. Zwei Artisten, Wettach und Noak, nützen die Gelegenheit und improvisieren eine Vorstellung, bei der sie, in Ermangelung anderer Attraktionen, Sprachkunststücke zum Besten geben. Dabei schlüpfen sie abwechselnd in die Rollen des verhassten Direktors und des genialen Sprechstallmeisters, die sie in respektlosen Clownerien verhöhnen und gegeneinander ausspielen. Cinzia, Noaks stumme Tochter, wird von ihrem Vater als ein mit übersinnlichen Talenten begabtes Naturwunder angepriesen, Wettach stellt sich widerwillig für Dressurakte zur Verfügung, bis am Ende Noak in einer Illusionsnummer scheinbar den Kopf verliert. In einem Nachspiel unterhalten sich vier Zuschauer, während die Sitzbänke sich mit wilden Tieren füllen.

Kommentar

Das Stück kreist um Untergang, um Verhinderung, um das absehbare Scheitern einer Zivilisation, der, in den Augen der Protagonisten, das Wasser bis zum Hals steht. Hochleistungsartistik und sinnvolle Handlung werden zu Schimären vor dem Hintergrund einer unberechenbar gewordenen Natur. Die Sprache selbst tritt über die Ufer und generiert einen temporeichen Handlungsstrudel, der zugleich ein Stillstand ist.

Erster Akt

Textauszug Bild 1 und 2

 NOAK
 Kopflose Handlungen in einem Tiefdruckgebiet
 
 Personen:
 Josef Noak  
 Adam Wettach  
 Cinzia, Noaks Tochter (stumm)
 Fabrikdirektor
 Schuldirektor
 Gattin des Fabrikdirektors
 Gattin des Schuldirektors
 
 Auf Tonband:
 eine hohe lustige Stimme
 eine tiefe lustige Stimme
 eine freundliche weibliche Stimme
 
 der Kopf des Direktors
 der Schatten des Direktors
 der Schatten des Sprechstallmeisters
 
 Tiere, paarweise und allein
 
 Ort:
 ein überfluteter Ort an der Donau
 
 Zeit:  
 Gegenwart
 
 
 1. AKT
 
 Ein Zirkus in Auflösung, die Kästen der Manegeeinfassung liegen verstreut herum,
 dazwischen Podeste, einige umgestürzt. Im Hintergrund ein schwarzer Vorhang.
 Regen schlägt gegen die Zeltplane. Die Manege stellenweise unter Wasser.

 Noak und Wettach. 
 Noak in der Pose des Direktors. 
 Wettach mit sich selbst beschäftigt. 
 Auf einer Sitzbank ein dösender Hund. Er schlägt mit dem Schwanz auf die Bank.

 Bild 1  
 
 NOAK als Direktor, Richtung Wettach
 wieder daneben
 immer daneben
 Konzentrationsschwund
 Kräfteverfall
 jeder Auftritt eine Qual, Josef
 wir treten auf der Stelle
 das Lama trifft nicht
 in ihr Gesicht trifft das Lama nicht
 in die Schüssel
 in den Topf trifft es  
 in ihr Gesicht, Josef
 schlägt sich mit Hand auf die Stirn
 
 trifft es nicht
 Spucke trifft nicht ihre Stirn
 das ist schlecht
 Tritt ins Leere
 Ausritt in das Ungefähre
 Ungenaue  
 Fahrt ins Blaue
 Fall ins Bodenlose, Josef
 dieses Tier enerviert
 es rentiert nicht
 Sitzreihen lichten sich
 Menschen stürzen blind zurück in ihr Geschick  
 ohne sich erholt zu haben
 an den Wänden wächst der Schimmel  
 in den Zimmern steht der Schlamm
 ungesund, sage ich  
 Wasser quillt von überall
 füllt die Keller
 nässt die Wangen
 mir steht der kalte Schweiß auf der Stirn  
 wischt sich die Stirn
 
 ja als Brilloff noch bei uns war
 da stand uns die Welt noch offen
 da war uns das Glück noch hold  
 und das Publikum gewogen
 jetzt schlägt es uns zu Boden
 jetzt lächelt es nicht mehr
 
 keine Hilfe mehr von oben, Josef
 alles liegt in ihrer Hand
 machen sie einen Plan
 Spielortroute geben sie an
 s i e manövrieren jetzt das Schiff
 einmal hoch
 einmal tief
 und verleimen alle Teile neu
 wenn sie sinken, Josef
 wissen sie
 in das Ungewisse gehen wir alle
 
 wendet sich von Wettach ab  
 Herr Sprechstallmeister, was meinten sie mit  
 die Natur würde sich übergeben  
 
 als Sprechstallmeister
 eine Übersäuerung der Mägen
 Felder haben Saatausfall
 Sumpfanstieg unter Tag
 und von oben Wiederauffüllung der Stollen
 ein Ursprung
 wenn sie so wollen, Herr Direktor            
 zieht seine Kreise
 füllt alles aus
 schmiert alles zu
 Haus und Hof  
 wie' s einmal war
 eingebettet in Natur
 Wasser und Erde nur
 das beweist womöglich einen vorhistorischen Zustand
 ich sage Lehmboden  
 Pfahlbaukultur 
 
 als Direktor  
 ja ja die Vergangenheit
 sie hat uns am Fuß gepackt
 wir kommen nicht voran

 als Sprechstallmeister
 wer herumturnt ohne Netz
 den fängt das Naturgesetz, Herr Direktor
 wundern wir uns nicht zu sehr
 manche finden die Natur auch schön  
 was sie tut ausgewogen
 die Naturgesetze richtig
 und das Leben bleibt nicht stehen
 
 als Direktor, irritiert
 soll heißen
 
 als Sprechstallmeister
 es geht weiter
 alle Bäume haben Äste  
 alle Fische haben Flossen
 meine Hände haben Finger
 die Planeten zirkulieren
 
 als Direktor  
 wie sie alles konzentrieren, Herr Sprechstallmeister
 und vermessen
 
 als Sprechstallmeister
 es rotiert der Teller auf dem Finger schneller noch als auf dem Stabe  
 plötzlich sehr starker Regen, man meint Applaus zu hören
 
 als Direktor  
 meine Damen meine Herren
 halten sie sich nicht zurück
 klatschen sie
 jubeln sie
 
 als Sprechstallmeister
 und versuchen sie dann ihren überhitzten Kopf zu kühlen
 Souveränität zu spielen
 die Affekte zu besiegen
 mit Gelassenheit das Vorüberziehen dieser Wassermassen
 an sich abprallen zu lassen
 versuchen sie einmal nichts zu spüren
 
 als Direktor  
 Herr Sprechstallmeister
 zeigen sie uns alle Lacken  
 Rinnsale
 wie sie verlaufen
 wir kennen uns nicht aus

 als Sprechstallmeister
 bitte  
 ich erkläre alles  
 wie die Bienen sich verlieren
 weil sie keinen Sonnenstand mehr spüren
 und daher improvisieren müssen
 an Kaminen Firmenfahnen und Reklamen sich orientieren
 wie ein Fliegen ist das für sie ohne Flügel
 sieht von außen aus wie ein Vergnügen
 wie ein Reiten ohne Zaum und Zügel
 oder wie ein Dirigieren ohne Schlag
 
 als Direktor
 fabelhaft, Herr Sprechstallmeister
 und so wahr klingt es auch
 wie das Gurren einer Taube
 Wettachs Magen knurrt
 
 oder wie ein Magenknurren
 vielleicht braucht das Lama  
 nur ein Stückchen Schokolade
 vielleicht kommt es dann auf Trab
 und die Trommel
 was ist mit der Trommel
 warum schlägt die Trommel nicht
 rühren sie die Trommel, Wettach
 alles wieder aus dem Takt
 alles noch einmal von vorn
 Herr Sprechstallmeister, sie haben das Wort
 Wettach trommelt mit den Schuhsohlen gegen einen Kasten der Piste
 
 als Sprechstallmeister, während Wettach trommelt
 Haustor offen
 Schuhe fort
 Fußball im Glashaus
 nicht nur Töpfe wie zerschlagen      
 auch die Blumen ohne Köpfe
 und die Innenstadt verkackt
 Balustraden tauchen ab
 Karyatiden kriegen kalte Füße
 die Atlanten klamme Waden  
 und Klaviere müssen mal
 Danaen ölvermalt
 auf den Gängen unverschalt
 kalt mit Neon eingerieben
 Bacchanale überhaupt nicht übertrieben
 und kein Goldregen dieses Jahr
 
 als Direktor
 ihnen kann keiner das Wasser reichen
 Herr Sprechstallmeister
 wie sie das machen
 aus dem Stand
 sagenhaft

 als Sprechstallmeister
 jetzt wo alle Räder sinken
 komme ich doch erst in Fahrt, Herr Direktor
 
 gibt ein Beispiel, Wettach trommelt
 Finger kramen in den Laden nach den Reisepässen und Gebissen
 Kinder krümmen sich vor Freude unter Wiedersehensküssen
 
 als Direktor
 wie sie die Gedanken immer enger straffer ziehen
 aber sagen sie, Herr Sprechstallmeister
 so ein Strudel zieht doch hinab               
 wird einem  
 da nicht schwindlig  
 
 als Sprechstallmeister
 das ist immer die Gefahr, Herr Direktor
 Drehtürbewegung
 wenn man so will
 Hinterlegung von Vorwärtsbewegung
 die Verhinderung Gewinn  
 Fortschritte deutliche machender Rückschritt
 Sog hypnotisch
 über Kreiselkräfte nur im Lot
 kein Krawall
 der bald vergeht
 vielleicht Begegnung mit dem Urknall  
 demnächst  
 womöglich
 
 als Direktor
 Herr Sprechstallmeister
 hoffentlich nicht
 
 als Sprechstallmeister
 eines ist doch wahr, Herr Direktor
 die Landschaft ist ein Spiegel der baumelnden
 aber auch der strauchelnden Seele
 wie sie in den Zweigen zappelt
 und sich im Gestrüpp verhakt
 sehen wir nun immer klarer
 das Gesicht den vielen Wasserfältelungen ausgesetzt
 der Blick gerichtet in ein Schwemmholzdickicht
 Füße festgebunden im Moor
 und die Ellbogen fixiert in einem Kröten-
 oder Schnecken-
 oder Schmeißfliegengelege
 
 als Direktor
 Fruchtbarkeit allemal     
 ein Gedankenfischer sind sie
 ihre Meinung
 Störeier für meine Feier
 wäre das zuviel verlangt
 ich habe bald Geburtstag
 
 als Sprechstallmeister
 wir werden den Abend so ausbalancieren, Herr Direktor
 daß sie sich bestimmt nicht blamieren
 Herr Wettach will
 soviel ich weiß
 Tortenstücke dirigieren
 
 als Direktor
 fabelhaft
 wie geht das
 
 als Sprechstallmeister
 er muß die Nummer erst einstudieren
 und Herr Noak hat sich etwas ganz Spezielles ausgedacht
 er will seinen Kopf vollständig von seinem Körper isolieren
 keiner weiß noch
 wie er das macht
 
 als Direktor
 was sie nicht sagen, Herr Sprechstallmeister
 ich verstehe
 die Erhebung
 das Besondere
 Herr Sprechstallmeister
 Ausbildung großer Buckel  
 wirklicher Erhebungen
 
 als Sprechstallmeister
 ich verrate nicht zuviel
 
 als Direktor
 unser Traum, Herr Sprechstallmeister
 dachte immer unerreichbar
 dachte immer
 nicht zu machen
 große Buckel Kunstbuckel
 fast zu unsicheres Land  
 Anblick besser aus der Ferne
 dachte immer lieber nicht
 
 als Sprechstallmeister
 eine zugespitzte Sache freilich
 künstlich sicherlich
 der Kopf verurteilt von einem Gericht
 aber er entkommt noch einmal
 so hat Herr Noak mir das beschrieben
 ein Lift durch die stockwerkartige Anordnung der Organe
 der die Fahrt kurz unterbricht
 
 als Direktor
 hoch hinauf geht es wieder einmal
 
 als Sprechstallmeister
 und das alles ohne Tiere  
 nur die Tochter macht noch mit
 ja von ihr hängt alles ab
 
 als Direktor
 es behält der väterliche Wille aber doch die Oberhand
 keine Luftschlösser bitte
 männlicher Gedankenbogen
 der Verstand als feste Klammer
 
 als Sprechstallmeister
 ein Gummiband eher um den Verstand
 
 als Direktor, zu Wettach
 da bin ich ja gespannt
 Josef, hören sie
 ich bin dafür
 geben sie nur
 was sie haben
 Wasser fließt
 wo es kann
 ideal auch momentan
 Menschen steigen auf Balkone Mauerkronen  
 bis aufs Dach 
 sie werden gesehen, Josef
 ist das nicht phänomenal
 Publikum  
 überall
 heizen sie den Leuten ein
 daß es in den Augen beißt
 daß es aus den Ohren raucht
 hier wird alles heiß gegessen
 heiß gekocht
 heiß verdaut
 
 WETTACH devot
 bitte
 haben der Herr Direktor nicht Asche am Schuh
 halten der Herr Direktor die Zigarre nicht etwas nahe ans Stroh
 hatten mit Verlaub der Herr Direktor  
 nicht gestern dunkleres Haar
 zupft Noak an den Haaren, Noak irritiert
 
 NOAK als Direktor
 die Hauptlast liegt jetzt auf ihnen, Josef
 dieser Umstand fordert sie ganz
 sie hängen doch am Unternehmen 
 wie die Wanze an der Pflanze
 wie das Spielzeug an der Schnur
 Auswertung dieser Substanz, Josef
 hier wurden sie neu geboren
 hier nahmen ihre Kräfte zu
 hier zogen sie die Konsequenz aus ihrer furchtlosen Natur
 und dressierten nach und nach alle Tiere
 jetzt sind die Tiere nicht mehr ihr Ziel
 
 WETTACH
 Herr Sprechstallmeister
 muß sich der Herr Direktor nicht erholen an einer ausgewählten Luft  
 hat er nicht Farbe nötig im Gesicht
 will er nicht seinen Blick reinigen in Agaven
 die das Wasser halten können
 zupft Noak an der Kleidung
 
 NOAK
 unbeirrt
 sie haben, hör' ich
 einen Plan
 sie arbeiten an einer ungewöhnlichen Dressur, sagt man
 eine Anspannung all ihrer Muskeln Nervenzentren usw
 hat mir der Herr Jetzthammer gesagt
 dazu merke ich Folgendes an
 Aufruhr gegen die Natur
 Selbstbeherrschung
 Selbstbefragung
 gegen Trägheit und Ermattung
 für Bedeutung und Kultur
 kein Heulen mit den Wölfen, Josef
 ein Zurück gibt es nicht mehr
 
 WETTACH Rührung vortäuschend
 Herr Direktor, sie verschwinden doch nicht etwa
 hauen ab
 stehlen sich fort
 brechen sie uns nicht das Herz
 stechen sie uns nicht ein Loch  
 in die ohnehin schon überforderte Aorta
 
 NOAK als Direktor
 nicht dem Ansturm der veralteten Gefühle jetzt erliegen, Josef
 sentimental waren wir nie
 ich halte meine schützende Hand über sie
 und vergessen sie eines nie
 das Publikum will sich nur unterhalten nur vergnügen
 
 WETTACH läßt von Noak ab
 wo der Fluß herein will
 etwas fressen will
 hält man ihm einen festen Entschluß am besten vors Maul
 das Wegseinwollen nämlich heißt 's
 verspeist er grad wie nebenbei
 ein Verlust zählt in der Überfülle der Erwägungen als schwerer Schlag
 und doch werfen alle die Kleider ab  
 grad an einem heißen Tag
 hüpfen heraus wie schlüpfende Motten
 und springen hinein in den kochenden Krater
 und halten ihn für ein kühles Bad
 
 NOAK
 spielen sie ihre Begabung aus
 mein Abgang ihre Chance, Josef
 sie der neue Prinzipal
 machen sie aus sich etwas
 
 WETTACH  
 wer setzt sich nicht gern in das wärmere Zimmer
 noch dazu wenn ihn friert
 er am ganzen Körper zittert
 obgleich seine Stirne glüht  
 
 fühlt Noak den Puls
 lustiger ist es nebenan immer  
 denkt man  
 wo die andern sind
 wo es immer, Herr Direktor
 irgendwas zu feiern gibt
 
 Fröhliche Pausenmusik.
Wettach und Noak fühlen sich gegenseitig den Puls, horchen ihren Herzschlag ab,
 klopfen sich auf die Knie usw.
Verstärkt Regen, man meint Beifall und Applaus zu hören.
 

 Bild 2
 
 
 WETTACH
 feiern wir
 
 NOAK
 feiern wir
 
 WETTACH
 aber was
 
 NOAK
 feiern wir den schönen Tag
 
 WETTACH
 daß das Wetter uns nicht mag
 
 NOAK
 daß uns trotz der Niederschläge 
 
 WETTACH
 Niederlagen Tiefschläge
 
 NOAK
 unsere Begabung nicht im Stich gelassen hat
 
 WETTACH
 feiern wir das Mittelmaß
 
 NOAK konsterniert
 wir brauchen einen Anlass
 
 WETTACH
 wenn wir aber keinen haben
 
 NOAK
 feiern wir das Übermaß
 das Gewicht des Herrn Direktor
 seine Stimme  
 seinen Bass
 
 WETTACH stellt einen Stuhl zwischen sich und Noak
 ein Hoch auf den Herrn Direktor
 
 NOAK
 lang lebe der Herr Direktor
 
 WETTACH  
 auf die vielen Jahre
 die er durchgehalten hat
 
 NOAK
 Prost, Herr Direktor
 
 WETTACH
 auf ihr Wohl
 
 NOAK
 Wettach, er hat nichts im Glas
 konzentrieren sie sich, Wettach
 schütten sie nicht daneben
  
 WETTACH  
 dann zum Wohl, Herr Direktor
 
 NOAK
 auf ihr Wohl, Herr Direktor
 
 WETTACH
 auf die Zukunft, Herr Direktor
 
 NOAK
 nicht so gierig, Herr Direktor
 
 WETTACH
 er schluckt wie ein Reiher
 
 NOAK
 sie machen sich ja völlig nass, Herr Direktor
 der Kopf des Direktors zuckt zurück
 
 WETTACH  
 lieber Himmel
 hin der Frack
 
 NOAK
 er braucht einen neuen Frack
 
 NOAK, WETTACH zusammen, überlaut
 sie brauchen etwas Neues zum Anziehen, Herr Direktor
 einen neuen Frack
 Wettach zieht seinen Rock aus, reicht ihn Noak
 starker Regen, man meint Gelächter und Schenkelklopfen zu hören
 
 NOAK präsentiert den Rock, zum Publikum
 Ruhe bitte
 wir probieren hier ein maßgeschneidertes Gewand  
 das alte hat genug getan
 wir raten ab in seinen Falten noch zu suchen und zu waten
 der Kopf des Direktors taucht wieder hinterm Vorhang auf
 
 WETTACH
 tun wir nicht
 
 NOAK  
 weg damit
 
 WETTACH
 würde nur die Feier stören
 
 NOAK  
 sehen sie, wie er schimmert
 angemessen ihren glänzenden Verdiensten, Herr Direktor
 
 WETTACH
 und gibt in der Breite noch nach, Herr Direktor
 
 NOAK  
 wollen sie ihn nicht probieren  
 ihren Frack, Herr Direktor
 
 WETTACH
 denn die Nacht bricht schon an
 sie fängt schon zu rauschen an  
 und zu funkeln und zu klirren
 
 NOAK  
 eine neue Ära hat sich für sie aufgetan, Herr Direktor
 
 WETTACH
 ist das nicht phantastisch, Herr Direktor
 
 NOAK  
 wollen sie die Nacht denn nicht gleich durchmachen, Herr Direktor
 und sich ganz in ihr verlieren und verirren
 
 WETTACH
 dann müssen sie weitermachen
 
 NOAK  
 sie hat auch ihr Kleid schon an
 
 WETTACH
 elegant
 oben offen
 sehr gewagt
 
 NOAK  
 und unendlich lang, Herr Direktor
 
 WETTACH
 und so schwarz wie ihr Frack
 
 NOAK  
 damit sind sie unsichtbar, Herr Direktor
 
 WETTACH
 wieder ein Vorteil für sie, Herr Direktor
 
 NOAK  
 ziehen sie ihn an den Frack
 hängt Wettachs Rock um die Stuhllehne
 
 WETTACH
 und  
 
 NOAK  
 sitzt wie angegossen
 beiseite, zu Wettach
 
 WETTACH laut
 wir finden
 daß er passt
 
 NOAK überlaut
 er steht ihnen ausgezeichnet, Herr Direktor
 
 WETTACH 
 überlaut
 wie ein Denkmal, Herr Direktor
 zu Noak
 er ist völlig überwältigt
 
 NOAK  
 wir ehren ihn zuviel
 
 WETTACH laut
 keine Tränen, Herr Direktor
 zu Noak
 er ist schon wieder nass
 
 NOAK
 Wettach, jetzt das Gedicht
 
 WETTACH 
 hopp hopp macht der Reiter
 über Hecken Palisaden
 platsch fällt er in den Graben
 und die Reitgerte schnalzt schon mal versehentlich in den Kanal
 
 NOAK knallt mit der Peitsche
 ein Hoch auf den Herrn Direktor
 
 WETTACH  
 über Stöcke
 über Steine
 und mit Schwung hinauf die Leiter
 und hinunter in die Lache
 
 NOAK  
 und sie füllen ihn auch aus, Herr Direktor
 reine Seide
 aufgebrüht  
 und gebürstet  
 und entbastet
 
 WETTACH  
 schöne Schaumblasen im Bad
 am anderen Tag kein Warmwasser mehr
 dafür zeigt ein Rahmen an
 
 NOAK
 welchem Held man danken kann
 auf unsern Herr Direktor  
 
 WETTACH  
 Stimmung steigt
 Zeiger zeigt
 alle geben  
 
 NOAK
 jeder kommt dran
 
 WETTACH  
 alle verwenden sich
 
 NOAK
 alle erheben sich
 
 NOAK, WETTACH 
 zusammen
 alle kosten vom Salat
 
 WETTACH  
 und vom Ufer grüßt ein Büschel frischer Blätter
 
 NOAK
 und das Gasthaus spendet Spinat
 
 WETTACH  
 wolkenloser Himmel strahlt
 Herzflattern verursacht immer das Umschiffen der Gefahr
 aber die Klippen halten stand
 allesamt
 
 NOAK  
 Gott sei Dank
 
 WETTACH
 und zum Abschluss noch das Wetter
 das sich zwar verheddert hat
 aber langsam nach und nach  
 sich von selber wieder spannt
 wie ein langes buntes Band  
 wiegt es rührend unser Land
 
 NOAK, WETTACH 
 zusammen
 wer fühlt sich nicht aufgehoben  
 unter einem Regenbogen
 und vor allem
 wenn der Sonntag lang ist  
 und der Regen noch in Gang ist
 
 NOAK  
 aber bitte, Herr Direktor
 heute sind sie unser Gast
 wir haben schon bezahlt
 heftiger Regen, tumultartige Beifallsgeräusche
 ein paar Takte muntere Tanzmusik
 
 (...)

 Copyright © Stefan Zeiler 

Zweiter Akt

Textauszug Bild 12, 13, 14

 2. AKT
 
 Bild 12
 
 Szene wie vor der Pause.
 Wettach wirft ein Tuch über den zusammengekauerten Noak,
 nimmt die Peitsche, klettert  die Sprossen am Zeltmast hinauf
 und knallt mit der Peitsche fünfmal. Sofort Anschwellen des
 Regengeräuschs, man meint Applaus zu hören.
 
 WETTACH als Sprechstallmeister
 nein
 ich schließe noch nicht meinen Mund, Herr Direktor
 noch schneidet der Regen die Luft  
 noch schwimmt das Feld
 noch siebt der Himmel das Sprechwasser
 und wirft eine schwarze Wolle ans Fenster
 Lachzucker
 Lachzucker
 die Wolke spricht
 eine allen geläufige Spucke rinnt ins Genick
 Sprechsilber
 Sprechauftrag, Herr Direktor
 nur das Interesse noch auf Messers Schneide
 nicht auf Anhieb schmilzt das Eis
 nicht auf Bestellung läuten die Glocken
 nicht mit dem Stock hortet der Antipodist Sympathie
 darum Knallen lassen jetzt bitte mit den Handballen die Luft
 Schminke stinkt
 die Peitsche aber öffnet das Fenster
 knallt zweimal mit der Peitsche
 Regengeräusch lauter
 
 eine unscharfe Aussicht verstellt den Verstand
 in den Dreck fährt der Karren das geschleckte Land
 durch einen Firmamentschaden rinnt ein überschüssiges Wasser in die Welt
 durchrütteln durchschütteln muss man die engen strengen Kleider
 ein Aufwaschen ist das
 was für ein Aufwand
 vielleicht ein Anlass ja für einen besseren Geschmack
 bestimmt ein herzergreifender Moment jetzt
 ja, ein Fest stülpt sich über das Gelände
 aber es ziehen nicht alle mit
 wieso denn
 auch ein nasser Strumpf macht einen Fasching
 auch ein leise überlaufender Misthaufen komponiert den Narren noch einen Gesang
 lustig tanzen Moleküle aus der Gülle Hand in Hand  
 hoch hinauf in den Himmel
 müssen nicht mehr in den Nasen stinken
 das Geseich trinkt der Himmel
 haben sie nicht auch schon eine volle Blase, Herr Direktor
 sind sie überhaupt noch da
 hören sie
 ich finde
 dieser Mantel passt ihnen wie angegossen
 ist wieder heruntergeklettert, über Noak gebeugt
 hat es ihnen die Sprache verschlagen
 zieht das Tuch über Noak weg
 
 NOAK hebt müde den Kopf  
 bitte schlagen sie mich nicht
 Wettach knallt mit der Peitsche, Noak erhebt sich mühsam
 Regen stärker, man meint Applaus zu hören
 
 WETTACH während er einen Kasten der Manegeeinfassung platziert
 unser Herr Noak fürchtet nämlich immer gleich das Schlimmste
 er rettet sich in Worte
 die versuchen das Vorübergehende haltbar an die Wand hinzumalen
 das geht doch nie gut
 und er übt viel an der Unterlassung
 denn es schickt sich nicht für einen Tierlehrer
 in der Runde seiner Schüler das Gesicht zu verlieren
 es steht ihm ein Hieb oder das ganze Gewicht eines Tigers
 auch nicht besser zu Gesicht
 als die Musik einem ungeübten Spieler
 zieht die Geige hervor und spielt darauf grässliche Töne
 
 Pausenmusik.
 Noak und Wettach laufen im Kreis, stoßen heftig gegeneinander, fallen 
 um, stehen auf und betasten sich nach etwaigen Verletzungen.
 
 
 Bild 13
 
 NOAK hat sich wieder erhoben, klopft die Ärmel, die Hose ab
 ich bitte um Ruhe
 beruhigen sie sich, meine Damen und Herren
 was haben sie denn
 mein Kopf sitzt fest auf meinem Hals
 was wollen sie mehr, meine Damen und Herren
 Kopf
 Hals
 Rumpf
 aufeinander  
 übereinander
 in der Reihenfolge
 wie es gehört
 platziert einen Kasten
 
 WETTACH
 ich wette
 sie bringen mich nicht vom Fleck
 aber nicht an den Haaren ziehen
 
 NOAK
 nichts, meine Damen und Herren
 was nicht geht
 nichts
 was ein klarer Kopf nicht bewegt
 nichts
 was der Herr Sprechstallmeister nicht vermisst mit seinem scharfen Blick
 nichts Wirres
 das er nicht zurechtrückt  
 
 WETTACH
 aber so ein Satz von ihnen, Herr Direktor
 immer auch ein Gewinn
 jedes Wort an seinem Platz
 und das Ganze überspannt ein Sinn
 wenn ich sie recht verstehe
 
 NOAK als Sprechstallmeister, knallt mit der Peitsche
 Enthaltung
 Selbstbeschneidung
 sonst gelingt die Übung nicht
 was quillt aus den Einkaufstaschen
 Marzipan Mohair und Lack
 jeder sucht das Schöne und das Feine
 innen aber sind wir nackt
 unhörbare Wellen tasten sich durch unsre Venen
 lecken uns von innen ab
 doch wir werden uns daran gewöhnen
 
 WETTACH schüttelt ironisch den Kopf
 wie verlässt sich der Herr Sprechstallmeister nur immer auf den rechtzeitigen Einfall
 nie trifft er vorbei
 immer schneidet er hinein in das Innere vom Ei  
 ohne daß er sich bekleckert
 seine Worte werfen sich auf unser Interesse so verlässlich
 dass wir unter ihrer Wärme wie 
 die Krokusse gedeihen 
 
 NOAK grob, Wettach macht unwillig mit
 nicht schütteln
 nicken
 nicken
 den Kopf runterdrücken
 nicht die Kinnlade allein
 ganzer Schädel
 und sich bücken
 bücken sag ich
 was heißt bücken
 Rückgrat knicken
 Wirbel biegen
 Nasenspitze auf und nieder
 auf und nieder
 und zurück
 und nicht so gerade bitte der Blick
 was sagt der in jede Magenfüllung einwilligende Appetit
 
 WETTACH eingeschüchtert
 ääh
 der Herr Sprechstallmeister ist ein wichtiger Mann
 der Herr Sprechstallmeister weiß
 was er spricht
 er befiehlt den Wolken
 und dann wird der Platz vor dem Zelt eine Moorgrube sein
 oder ein Brunnen
 oder ein brennend heißer Sand
 jeder Satz aus seinem Mund ist ein urzeitliches Gesetz
 und jedes Wort ein spitzer Stein ins Auge der riesigen Natur
 seine Zähne reinigen uns
 seine Zunge findet unsere Begeisterung
 und die Kordel ist ein noch nicht aufgeflochtener Gedanke an seiner Brust
 streckt die Zunge heraus, schielt auf die Belohnung in Noaks Hand
 aber noch schneiden die Sätze nicht
 teilen nicht mit in der nötigen Schärfe
 die der Herr Sprechstallmeister beherrscht
 streckt die Zunge heraus, Noak steckt ihm die Belohnung in den Mund  
 memoriert
 Messer bricht in tausend Stücke
 Wasser sägt an einer Brücke
 
 NOAK  
 ach was
 ein Gedicht, Wettach
 wollen sie sich in die Nesseln setzen
 wo ihr Kopf schon ganz zerstochen ist
 ihre Ohren
 
 WETTACH plötzlich wie von Wespen verfolgt
 ich sage nichts
 ich bin nicht hier
 ich sage nicht  
 ich kenne mich
 ich sage auch nicht     
 wo ist das Fräulein mit dem Eis
 aber warum bin ich dann hier
 
 NOAK  
 genau genommen gibt es sie, Wettach
 nur auf dem Papier
 
 WETTACH  
 trotzdem stehe ich
 wie ich sehe  
 in dieser Beleuchtung als Leuchtfeuer da
 und das herumschwirrende Geflügel erkennt in mir einen Anhaltspunkt
 den es zum Maßnehmen nur anstechen muss wie ein Fass Bier
 rennt wie gestochen durch die Manege
 
 NOAK indem er Wettach dirigiert
 Arbeit
 oder soll ich sagen
 angeborenes Verhalten
 Richtlinien jedenfalls       
 und den Blick fest im Visier  
 
 WETTACH
 aber Herr Noak
 das wissen wir
 der Löwe lehnt seinen Kopf
 wenn er keinen Nachteil wittert
 auch an ein Gitter
 er küsst auch einen Eisenstab
 er legt sich zu Füßen einer Maßnahme und schluckt sie
 selbst wenn sie ihm nicht auf Anhieb behagt
 schon außer Atem
 und er zerbeißt ihren Kopf nicht unbedingt, Herr Noak
 wenn seine Kiefer es nicht von ihm verlangen
 bleibt kurz stehen, atmet heftig durch den weit aufgerissenen Mund
 
 NOAK knallt mit der Peitsche
 nicht Nachgeben
 jede Schwäche sich versagen
 frühzeitiges Abwehren der Gefahren
 feines Abstimmen der Stimme mit den jeweiligen Stimmungslagen
 
 WETTACH läuft im Kreis, Noaks Peitsche ausweichend  
 Herr Dompteur
 eine Frage
 welche Art von Interesse haben sie an mir
 
 NOAK
 ruhiges sicheres Erscheinen
 kein ruckartiges sich Aufbäumen
 kein sich plötzliches Bücken nach Stöcken  
 nach herausfallenden Stuhlbeinen
 ein paar Gewohnheiten über Jahre
 und genaue Arbeitszeiten
 damit sich die Tiere nicht zuviel untereinander beraten
 knallt mit der Peitsche
 
 WETTACH bleibt keuchend stehen
 Vorsicht
 ich bin aus Papier
 
 NOAK
 schön sich bücken
 bis zum Boden
 tiefer
 tiefer
 also
 es geht doch
 
 Wettach stolpert nach vorn in eine tiefe Verbeugung, sein Rock fällt über seinen Kopf.
 Tusch, Beifallsgeräusche.
 Der Hund hebt den Kopf, klopft mit dem Schwanz, bleibt jedoch liegen.
 

 Bild 14
 
 NOAK
 knallt mit der Peitsche, als Sprechstallmeister
 meine Damen und Herren
 der Knochenbau
 die feste Masse
 das Erstarrte
 das Steinharte
 die Unterfütterung des ausweichenden nachgebenden Grunds
 die Stütze unserer Gewässer
 Unterbau von Wald und Flur
 das Fundament
 die Platte also
 auf der alles steht
 sie bröckelt wackelt 
 schwankt
 ist schon fast nicht mehr da
 gibt Wettach einen Schubs
 die Haltung Wettachs bekommt Schlagseite
 
 harte Unterlagen weichen
 Ufer ziehen sich zurück
 da heißt es näher zusammenrücken
 eine Brücke schlagen in den Alltag wieder sozusagen
 Cinzia muß ihr Trikot flicken
 statt Pailletten näht sie Karpfenschuppen an die Ärmel
 auf den Rücken  
 und sie rutscht auf allen Vieren
 tastet ihren Wagen ab nach den Scheren Nadeln Kreiden
 die jetzt stochern schneiden feilen in den Fellen unterkühlter Füchse
 Dachse Hermeline Wiesel
 die sich unter ihrem Bett frierend aneinanderdrücken  
 Hunde sind auch dabei
 Katzen  
 Mäuse  
 ja das Gleichgewicht des Wagens ist so auf der Kippe
 kleinere Tiere huschen ins Zelt
 
 kneift die Augen zusammen
 und treiben im Wasser da nicht die Treiber
 ohne Stöcke ohne Rum in den Taschen
 jammern
 weil sie statt der Flaschen Wasser in den Taschen haben
 ansaufen werden sich die Kleider
 manche trinken gar Benzin
 können von Schweiß es nicht unterscheiden
 und Blut ein bisschen ist auch dabei
 und ein Socken rutscht vom Fuß
 eine Hose teilt sich leise
 und ein Hemd hüpft im Kreis
 die Fasson verliert es leider
 grauenhaft bläht es sich auf
 platzt in einem Drahtverhau
 Wettach richtet sich mühsam auf
 größere Tiere warten auf Einlass
 
 schlägt Wettach grob auf den Rücken  
 was ist, Wettach
 kümmern sie sich

 zu den Tieren in den Sitzreihen
 meine Herrschaften
 machen sie Platz

 packt Wettach am Genick
 Platz für die Gehetzten
 die Verschwitzten
 machen sie Platz, meine Damen und Herren
 für die um Atem Ringenden
 erheben sie sich
 lassen sie die ans Ufer sich Schleppenden an ihren knirschenden    
 Zähnen vorbei
 bittet die wartenden Tiere in die Sitzreihen
 einige der schon anwesenden knirschen mit den Zähnen
 
 was kümmert uns ein Artist
 der vor einem voll besetzten Zelt zittert wie ein Wilderer vor einem 
 Gericht
 es wird sich der Hirsch im Wald schon nicht verirren
 bläst uns nicht manchmal auch der Wind scharf ins Gesicht
 warum sollte ein schönes Tal für sich behalten wollen all sein Wasser
 oder die Luft den hin und her schallenden Gruß
 das Kaninchen in der Grube sich wundern über den Schuss
 diesen Sitzplatz, Wettach
 einem unvorhergesehenen Gast
 zu einem Hermelin
 bitte sehr
 zu Wettach
 was ist, Wettach
 fangen sie an  
 
 WETTACH
 dem das Ganze zunehmend unangenehm wird
 ich habe die Anweisung nicht verstanden
 
 NOAK 
 zum Publikum
 ja wollen sie uns nicht erschrecken, Wettach
 lassen sie sich nicht so bitten
 Wettach macht ein ratloses Gesicht
 aber gut
 wenn einer fernbleiben will
 ein Schwitzen vorgaukelt bei sich zu Hause
 in Kaninchenfell sich schmiegt
 bevor er noch etwas spürt
 
 packt Wettach brutal am Genick
 auffressen lassen
 sage ich, Josef
 wie es die Kunst von uns verlangt
 
 pathetisch
 wir riskieren Kopf und Kragen
 wir brechen uns die Knochen
 während andere an ihren ausgelösten Fleischstücken nagen
 Wettach schneidet probehalber eine fürchterliche Grimasse
 
 begutachtet Wettachs Grimasse abschätzig, lässt ihn los
 haben wir nun volles Haus
 oder müssen wir uns einen Andrang ausmalen, Wettach
 warum sind die Menschen so apathisch  
 eine innerliche Hitze
 die ertragen sie fast nicht     
 brauchen es schattig
 aber nicht nass
 und dann ist es wieder zu grün im Gras
 z u gemütlich
 sehen sie
 nach einer Stunde wetzen sie
 schon wieder hin und her auf ihren Sitzen  
 die Geruhsamen verwildern  
 die Betulichen verrohen
 sagen sie, Wettach
 was machen sie da
 
 WETTACH
 ich suche das Antragsformular

 NOAK 
 mit Nachdruck
 wir fordern Mietminderung

 an das Vorige anschließend
 und furchtbarer noch als die immer Verhinderten
 sind die auf das Kommen ganz Versessenen
 die reserviert haben, Josef
 wer sich auf seinen Sessel verlässt
 hat uns schon den Rücken gekehrt
 wer die Lehne benützt
 wird abgelehnt
 ein sich zurücklehnender Rücken bringt dem Zirkus kein Glück
 in meine Anweisungen hineingleiten wie in einen Pelz, Josef
 
 Wettach öffnet seinen Rock, sucht in seiner Innentasche, ein Papier   
 entfaltet sich, schwebt in die Höhe und verschwindet.  
 Beide schauen ihm mit großen Augen nach.
 Sphärische Klänge, dann Tusch. 
 
 
 Copyright © Stefan Zeiler 

Datenschutz · Impressum