NOAK. Kopflose Handlungen in einem Tiefdruckgebiet
Bühnenstück in 21 Bildern mit 1 Nachspiel
(frei zur UA, Rechte beim Autor)
Besetzung:
1 D (3 mit Nachspiel), 2 H (4 mit Nachspiel)
1 Dekoration, Musik, für Freiluftaufführung geeignet
Synopsis
Ein heruntergewirtschafteter Zirkus wird von einer Hochwasserflut überrascht. Zwei Artisten, Wettach und Noak, nützen die Gelegenheit und improvisieren eine Vorstellung, bei der sie, in Ermangelung anderer Attraktionen, Sprachkunststücke zum Besten geben. Dabei schlüpfen sie abwechselnd in die Rollen des verhassten Direktors und des genialen Sprechstallmeisters, die sie in respektlosen Clownerien verhöhnen und gegeneinander ausspielen. Cinzia, Noaks stumme Tochter, wird von ihrem Vater als ein mit übersinnlichen Talenten begabtes Naturwunder angepriesen, Wettach stellt sich widerwillig für Dressurakte zur Verfügung, bis am Ende Noak in einer Illusionsnummer scheinbar den Kopf verliert. In einem Nachspiel unterhalten sich vier Zuschauer, während die Sitzbänke sich mit wilden Tieren füllen.
Kommentar
Das Stück kreist um Untergang, um Verhinderung, um das absehbare Scheitern einer Zivilisation, der, in den Augen der Protagonisten, das Wasser bis zum Hals steht. Hochleistungsartistik und sinnvolle Handlung werden zu Schimären vor dem Hintergrund einer unberechenbar gewordenen Natur. Die Sprache selbst tritt über die Ufer und generiert einen temporeichen Handlungsstrudel, der zugleich ein Stillstand ist.
Erster Akt
NOAK Kopflose Handlungen in einem Tiefdruckgebiet Personen: Josef Noak Adam Wettach Cinzia, Noaks Tochter (stumm) Fabrikdirektor Schuldirektor Gattin des Fabrikdirektors Gattin des Schuldirektors Auf Tonband: eine hohe lustige Stimme eine tiefe lustige Stimme eine freundliche weibliche Stimme der Kopf des Direktors der Schatten des Direktors der Schatten des Sprechstallmeisters Tiere, paarweise und allein Ort: ein überfluteter Ort an der Donau Zeit: Gegenwart 1. AKT Ein Zirkus in Auflösung, die Kästen der Manegeeinfassung liegen verstreut herum, dazwischen Podeste, einige umgestürzt. Im Hintergrund ein schwarzer Vorhang. Regen schlägt gegen die Zeltplane. Die Manege stellenweise unter Wasser. Noak und Wettach. Noak in der Pose des Direktors. Wettach mit sich selbst beschäftigt. Auf einer Sitzbank ein dösender Hund. Er schlägt mit dem Schwanz auf die Bank. Bild 1 NOAK als Direktor, Richtung Wettach wieder daneben immer daneben Konzentrationsschwund Kräfteverfall jeder Auftritt eine Qual, Josef wir treten auf der Stelle das Lama trifft nicht in ihr Gesicht trifft das Lama nicht in die Schüssel in den Topf trifft es in ihr Gesicht, Josef schlägt sich mit Hand auf die Stirn trifft es nicht Spucke trifft nicht ihre Stirn das ist schlecht Tritt ins Leere Ausritt in das Ungefähre Ungenaue Fahrt ins Blaue Fall ins Bodenlose, Josef dieses Tier enerviert es rentiert nicht Sitzreihen lichten sich Menschen stürzen blind zurück in ihr Geschick ohne sich erholt zu haben an den Wänden wächst der Schimmel in den Zimmern steht der Schlamm ungesund, sage ich Wasser quillt von überall füllt die Keller nässt die Wangen mir steht der kalte Schweiß auf der Stirn wischt sich die Stirn ja als Brilloff noch bei uns war da stand uns die Welt noch offen da war uns das Glück noch hold und das Publikum gewogen jetzt schlägt es uns zu Boden jetzt lächelt es nicht mehr keine Hilfe mehr von oben, Josef alles liegt in ihrer Hand machen sie einen Plan Spielortroute geben sie an s i e manövrieren jetzt das Schiff einmal hoch einmal tief und verleimen alle Teile neu wenn sie sinken, Josef wissen sie in das Ungewisse gehen wir alle wendet sich von Wettach ab Herr Sprechstallmeister, was meinten sie mit die Natur würde sich übergeben als Sprechstallmeister eine Übersäuerung der Mägen Felder haben Saatausfall Sumpfanstieg unter Tag und von oben Wiederauffüllung der Stollen ein Ursprung wenn sie so wollen, Herr Direktor zieht seine Kreise füllt alles aus schmiert alles zu Haus und Hof wie' s einmal war eingebettet in Natur Wasser und Erde nur das beweist womöglich einen vorhistorischen Zustand ich sage Lehmboden Pfahlbaukultur als Direktor ja ja die Vergangenheit sie hat uns am Fuß gepackt wir kommen nicht voran als Sprechstallmeister wer herumturnt ohne Netz den fängt das Naturgesetz, Herr Direktor wundern wir uns nicht zu sehr manche finden die Natur auch schön was sie tut ausgewogen die Naturgesetze richtig und das Leben bleibt nicht stehen als Direktor, irritiert soll heißen als Sprechstallmeister es geht weiter alle Bäume haben Äste alle Fische haben Flossen meine Hände haben Finger die Planeten zirkulieren als Direktor wie sie alles konzentrieren, Herr Sprechstallmeister und vermessen als Sprechstallmeister es rotiert der Teller auf dem Finger schneller noch als auf dem Stabe plötzlich sehr starker Regen, man meint Applaus zu hören als Direktor meine Damen meine Herren halten sie sich nicht zurück klatschen sie jubeln sie als Sprechstallmeister und versuchen sie dann ihren überhitzten Kopf zu kühlen Souveränität zu spielen die Affekte zu besiegen mit Gelassenheit das Vorüberziehen dieser Wassermassen an sich abprallen zu lassen versuchen sie einmal nichts zu spüren als Direktor Herr Sprechstallmeister zeigen sie uns alle Lacken Rinnsale wie sie verlaufen wir kennen uns nicht aus als Sprechstallmeister bitte ich erkläre alles wie die Bienen sich verlieren weil sie keinen Sonnenstand mehr spüren und daher improvisieren müssen an Kaminen Firmenfahnen und Reklamen sich orientieren wie ein Fliegen ist das für sie ohne Flügel sieht von außen aus wie ein Vergnügen wie ein Reiten ohne Zaum und Zügel oder wie ein Dirigieren ohne Schlag als Direktor fabelhaft, Herr Sprechstallmeister und so wahr klingt es auch wie das Gurren einer Taube Wettachs Magen knurrt oder wie ein Magenknurren vielleicht braucht das Lama nur ein Stückchen Schokolade vielleicht kommt es dann auf Trab und die Trommel was ist mit der Trommel warum schlägt die Trommel nicht rühren sie die Trommel, Wettach alles wieder aus dem Takt alles noch einmal von vorn Herr Sprechstallmeister, sie haben das Wort Wettach trommelt mit den Schuhsohlen gegen einen Kasten der Piste als Sprechstallmeister, während Wettach trommelt Haustor offen Schuhe fort Fußball im Glashaus nicht nur Töpfe wie zerschlagen auch die Blumen ohne Köpfe und die Innenstadt verkackt Balustraden tauchen ab Karyatiden kriegen kalte Füße die Atlanten klamme Waden und Klaviere müssen mal Danaen ölvermalt auf den Gängen unverschalt kalt mit Neon eingerieben Bacchanale überhaupt nicht übertrieben und kein Goldregen dieses Jahr als Direktor ihnen kann keiner das Wasser reichen Herr Sprechstallmeister wie sie das machen aus dem Stand sagenhaft als Sprechstallmeister jetzt wo alle Räder sinken komme ich doch erst in Fahrt, Herr Direktor gibt ein Beispiel, Wettach trommelt Finger kramen in den Laden nach den Reisepässen und Gebissen Kinder krümmen sich vor Freude unter Wiedersehensküssen als Direktor wie sie die Gedanken immer enger straffer ziehen aber sagen sie, Herr Sprechstallmeister so ein Strudel zieht doch hinab wird einem da nicht schwindlig als Sprechstallmeister das ist immer die Gefahr, Herr Direktor Drehtürbewegung wenn man so will Hinterlegung von Vorwärtsbewegung die Verhinderung Gewinn Fortschritte deutliche machender Rückschritt Sog hypnotisch über Kreiselkräfte nur im Lot kein Krawall der bald vergeht vielleicht Begegnung mit dem Urknall demnächst womöglich als Direktor Herr Sprechstallmeister hoffentlich nicht als Sprechstallmeister eines ist doch wahr, Herr Direktor die Landschaft ist ein Spiegel der baumelnden aber auch der strauchelnden Seele wie sie in den Zweigen zappelt und sich im Gestrüpp verhakt sehen wir nun immer klarer das Gesicht den vielen Wasserfältelungen ausgesetzt der Blick gerichtet in ein Schwemmholzdickicht Füße festgebunden im Moor und die Ellbogen fixiert in einem Kröten- oder Schnecken- oder Schmeißfliegengelege als Direktor Fruchtbarkeit allemal ein Gedankenfischer sind sie ihre Meinung Störeier für meine Feier wäre das zuviel verlangt ich habe bald Geburtstag als Sprechstallmeister wir werden den Abend so ausbalancieren, Herr Direktor daß sie sich bestimmt nicht blamieren Herr Wettach will soviel ich weiß Tortenstücke dirigieren als Direktor fabelhaft wie geht das als Sprechstallmeister er muß die Nummer erst einstudieren und Herr Noak hat sich etwas ganz Spezielles ausgedacht er will seinen Kopf vollständig von seinem Körper isolieren keiner weiß noch wie er das macht als Direktor was sie nicht sagen, Herr Sprechstallmeister ich verstehe die Erhebung das Besondere Herr Sprechstallmeister Ausbildung großer Buckel wirklicher Erhebungen als Sprechstallmeister ich verrate nicht zuviel als Direktor unser Traum, Herr Sprechstallmeister dachte immer unerreichbar dachte immer nicht zu machen große Buckel Kunstbuckel fast zu unsicheres Land Anblick besser aus der Ferne dachte immer lieber nicht als Sprechstallmeister eine zugespitzte Sache freilich künstlich sicherlich der Kopf verurteilt von einem Gericht aber er entkommt noch einmal so hat Herr Noak mir das beschrieben ein Lift durch die stockwerkartige Anordnung der Organe der die Fahrt kurz unterbricht als Direktor hoch hinauf geht es wieder einmal als Sprechstallmeister und das alles ohne Tiere nur die Tochter macht noch mit ja von ihr hängt alles ab als Direktor es behält der väterliche Wille aber doch die Oberhand keine Luftschlösser bitte männlicher Gedankenbogen der Verstand als feste Klammer als Sprechstallmeister ein Gummiband eher um den Verstand als Direktor, zu Wettach da bin ich ja gespannt Josef, hören sie ich bin dafür geben sie nur was sie haben Wasser fließt wo es kann ideal auch momentan Menschen steigen auf Balkone Mauerkronen bis aufs Dach sie werden gesehen, Josef ist das nicht phänomenal Publikum überall heizen sie den Leuten ein daß es in den Augen beißt daß es aus den Ohren raucht hier wird alles heiß gegessen heiß gekocht heiß verdaut WETTACH devot bitte haben der Herr Direktor nicht Asche am Schuh halten der Herr Direktor die Zigarre nicht etwas nahe ans Stroh hatten mit Verlaub der Herr Direktor nicht gestern dunkleres Haar zupft Noak an den Haaren, Noak irritiert NOAK als Direktor die Hauptlast liegt jetzt auf ihnen, Josef dieser Umstand fordert sie ganz sie hängen doch am Unternehmen wie die Wanze an der Pflanze wie das Spielzeug an der Schnur Auswertung dieser Substanz, Josef hier wurden sie neu geboren hier nahmen ihre Kräfte zu hier zogen sie die Konsequenz aus ihrer furchtlosen Natur und dressierten nach und nach alle Tiere jetzt sind die Tiere nicht mehr ihr Ziel WETTACH Herr Sprechstallmeister muß sich der Herr Direktor nicht erholen an einer ausgewählten Luft hat er nicht Farbe nötig im Gesicht will er nicht seinen Blick reinigen in Agaven die das Wasser halten können zupft Noak an der Kleidung NOAK unbeirrt sie haben, hör' ich einen Plan sie arbeiten an einer ungewöhnlichen Dressur, sagt man eine Anspannung all ihrer Muskeln Nervenzentren usw hat mir der Herr Jetzthammer gesagt dazu merke ich Folgendes an Aufruhr gegen die Natur Selbstbeherrschung Selbstbefragung gegen Trägheit und Ermattung für Bedeutung und Kultur kein Heulen mit den Wölfen, Josef ein Zurück gibt es nicht mehr WETTACH Rührung vortäuschend Herr Direktor, sie verschwinden doch nicht etwa hauen ab stehlen sich fort brechen sie uns nicht das Herz stechen sie uns nicht ein Loch in die ohnehin schon überforderte Aorta NOAK als Direktor nicht dem Ansturm der veralteten Gefühle jetzt erliegen, Josef sentimental waren wir nie ich halte meine schützende Hand über sie und vergessen sie eines nie das Publikum will sich nur unterhalten nur vergnügen WETTACH läßt von Noak ab wo der Fluß herein will etwas fressen will hält man ihm einen festen Entschluß am besten vors Maul das Wegseinwollen nämlich heißt 's verspeist er grad wie nebenbei ein Verlust zählt in der Überfülle der Erwägungen als schwerer Schlag und doch werfen alle die Kleider ab grad an einem heißen Tag hüpfen heraus wie schlüpfende Motten und springen hinein in den kochenden Krater und halten ihn für ein kühles Bad NOAK spielen sie ihre Begabung aus mein Abgang ihre Chance, Josef sie der neue Prinzipal machen sie aus sich etwas WETTACH wer setzt sich nicht gern in das wärmere Zimmer noch dazu wenn ihn friert er am ganzen Körper zittert obgleich seine Stirne glüht fühlt Noak den Puls lustiger ist es nebenan immer denkt man wo die andern sind wo es immer, Herr Direktor irgendwas zu feiern gibt Fröhliche Pausenmusik. Wettach und Noak fühlen sich gegenseitig den Puls, horchen ihren Herzschlag ab, klopfen sich auf die Knie usw. Verstärkt Regen, man meint Beifall und Applaus zu hören. Bild 2 WETTACH feiern wir NOAK feiern wir WETTACH aber was NOAK feiern wir den schönen Tag WETTACH daß das Wetter uns nicht mag NOAK daß uns trotz der Niederschläge WETTACH Niederlagen Tiefschläge NOAK unsere Begabung nicht im Stich gelassen hat WETTACH feiern wir das Mittelmaß NOAK konsterniert wir brauchen einen Anlass WETTACH wenn wir aber keinen haben NOAK feiern wir das Übermaß das Gewicht des Herrn Direktor seine Stimme seinen Bass WETTACH stellt einen Stuhl zwischen sich und Noak ein Hoch auf den Herrn Direktor NOAK lang lebe der Herr Direktor WETTACH auf die vielen Jahre die er durchgehalten hat NOAK Prost, Herr Direktor WETTACH auf ihr Wohl NOAK Wettach, er hat nichts im Glas konzentrieren sie sich, Wettach schütten sie nicht daneben WETTACH dann zum Wohl, Herr Direktor NOAK auf ihr Wohl, Herr Direktor WETTACH auf die Zukunft, Herr Direktor NOAK nicht so gierig, Herr Direktor WETTACH er schluckt wie ein Reiher NOAK sie machen sich ja völlig nass, Herr Direktor der Kopf des Direktors zuckt zurück WETTACH lieber Himmel hin der Frack NOAK er braucht einen neuen Frack NOAK, WETTACH zusammen, überlaut sie brauchen etwas Neues zum Anziehen, Herr Direktor einen neuen Frack Wettach zieht seinen Rock aus, reicht ihn Noak starker Regen, man meint Gelächter und Schenkelklopfen zu hören NOAK präsentiert den Rock, zum Publikum Ruhe bitte wir probieren hier ein maßgeschneidertes Gewand das alte hat genug getan wir raten ab in seinen Falten noch zu suchen und zu waten der Kopf des Direktors taucht wieder hinterm Vorhang auf WETTACH tun wir nicht NOAK weg damit WETTACH würde nur die Feier stören NOAK sehen sie, wie er schimmert angemessen ihren glänzenden Verdiensten, Herr Direktor WETTACH und gibt in der Breite noch nach, Herr Direktor NOAK wollen sie ihn nicht probieren ihren Frack, Herr Direktor WETTACH denn die Nacht bricht schon an sie fängt schon zu rauschen an und zu funkeln und zu klirren NOAK eine neue Ära hat sich für sie aufgetan, Herr Direktor WETTACH ist das nicht phantastisch, Herr Direktor NOAK wollen sie die Nacht denn nicht gleich durchmachen, Herr Direktor und sich ganz in ihr verlieren und verirren WETTACH dann müssen sie weitermachen NOAK sie hat auch ihr Kleid schon an WETTACH elegant oben offen sehr gewagt NOAK und unendlich lang, Herr Direktor WETTACH und so schwarz wie ihr Frack NOAK damit sind sie unsichtbar, Herr Direktor WETTACH wieder ein Vorteil für sie, Herr Direktor NOAK ziehen sie ihn an den Frack hängt Wettachs Rock um die Stuhllehne WETTACH und NOAK sitzt wie angegossen beiseite, zu Wettach WETTACH laut wir finden daß er passt NOAK überlaut er steht ihnen ausgezeichnet, Herr Direktor WETTACH überlaut wie ein Denkmal, Herr Direktor zu Noak er ist völlig überwältigt NOAK wir ehren ihn zuviel WETTACH laut keine Tränen, Herr Direktor zu Noak er ist schon wieder nass NOAK Wettach, jetzt das Gedicht WETTACH hopp hopp macht der Reiter über Hecken Palisaden platsch fällt er in den Graben und die Reitgerte schnalzt schon mal versehentlich in den Kanal NOAK knallt mit der Peitsche ein Hoch auf den Herrn Direktor WETTACH über Stöcke über Steine und mit Schwung hinauf die Leiter und hinunter in die Lache NOAK und sie füllen ihn auch aus, Herr Direktor reine Seide aufgebrüht und gebürstet und entbastet WETTACH schöne Schaumblasen im Bad am anderen Tag kein Warmwasser mehr dafür zeigt ein Rahmen an NOAK welchem Held man danken kann auf unsern Herr Direktor WETTACH Stimmung steigt Zeiger zeigt alle geben NOAK jeder kommt dran WETTACH alle verwenden sich NOAK alle erheben sich NOAK, WETTACH zusammen alle kosten vom Salat WETTACH und vom Ufer grüßt ein Büschel frischer Blätter NOAK und das Gasthaus spendet Spinat WETTACH wolkenloser Himmel strahlt Herzflattern verursacht immer das Umschiffen der Gefahr aber die Klippen halten stand allesamt NOAK Gott sei Dank WETTACH und zum Abschluss noch das Wetter das sich zwar verheddert hat aber langsam nach und nach sich von selber wieder spannt wie ein langes buntes Band wiegt es rührend unser Land NOAK, WETTACH zusammen wer fühlt sich nicht aufgehoben unter einem Regenbogen und vor allem wenn der Sonntag lang ist und der Regen noch in Gang ist NOAK aber bitte, Herr Direktor heute sind sie unser Gast wir haben schon bezahlt heftiger Regen, tumultartige Beifallsgeräusche ein paar Takte muntere Tanzmusik (...) Copyright © Stefan Zeiler
Zweiter Akt
2. AKT Bild 12 Szene wie vor der Pause. Wettach wirft ein Tuch über den zusammengekauerten Noak, nimmt die Peitsche, klettert die Sprossen am Zeltmast hinauf und knallt mit der Peitsche fünfmal. Sofort Anschwellen des Regengeräuschs, man meint Applaus zu hören. WETTACH als Sprechstallmeister nein ich schließe noch nicht meinen Mund, Herr Direktor noch schneidet der Regen die Luft noch schwimmt das Feld noch siebt der Himmel das Sprechwasser und wirft eine schwarze Wolle ans Fenster Lachzucker Lachzucker die Wolke spricht eine allen geläufige Spucke rinnt ins Genick Sprechsilber Sprechauftrag, Herr Direktor nur das Interesse noch auf Messers Schneide nicht auf Anhieb schmilzt das Eis nicht auf Bestellung läuten die Glocken nicht mit dem Stock hortet der Antipodist Sympathie darum Knallen lassen jetzt bitte mit den Handballen die Luft Schminke stinkt die Peitsche aber öffnet das Fenster knallt zweimal mit der Peitsche Regengeräusch lauter eine unscharfe Aussicht verstellt den Verstand in den Dreck fährt der Karren das geschleckte Land durch einen Firmamentschaden rinnt ein überschüssiges Wasser in die Welt durchrütteln durchschütteln muss man die engen strengen Kleider ein Aufwaschen ist das was für ein Aufwand vielleicht ein Anlass ja für einen besseren Geschmack bestimmt ein herzergreifender Moment jetzt ja, ein Fest stülpt sich über das Gelände aber es ziehen nicht alle mit wieso denn auch ein nasser Strumpf macht einen Fasching auch ein leise überlaufender Misthaufen komponiert den Narren noch einen Gesang lustig tanzen Moleküle aus der Gülle Hand in Hand hoch hinauf in den Himmel müssen nicht mehr in den Nasen stinken das Geseich trinkt der Himmel haben sie nicht auch schon eine volle Blase, Herr Direktor sind sie überhaupt noch da hören sie ich finde dieser Mantel passt ihnen wie angegossen ist wieder heruntergeklettert, über Noak gebeugt hat es ihnen die Sprache verschlagen zieht das Tuch über Noak weg NOAK hebt müde den Kopf bitte schlagen sie mich nicht Wettach knallt mit der Peitsche, Noak erhebt sich mühsam Regen stärker, man meint Applaus zu hören WETTACH während er einen Kasten der Manegeeinfassung platziert unser Herr Noak fürchtet nämlich immer gleich das Schlimmste er rettet sich in Worte die versuchen das Vorübergehende haltbar an die Wand hinzumalen das geht doch nie gut und er übt viel an der Unterlassung denn es schickt sich nicht für einen Tierlehrer in der Runde seiner Schüler das Gesicht zu verlieren es steht ihm ein Hieb oder das ganze Gewicht eines Tigers auch nicht besser zu Gesicht als die Musik einem ungeübten Spieler zieht die Geige hervor und spielt darauf grässliche Töne Pausenmusik. Noak und Wettach laufen im Kreis, stoßen heftig gegeneinander, fallen um, stehen auf und betasten sich nach etwaigen Verletzungen. Bild 13 NOAK hat sich wieder erhoben, klopft die Ärmel, die Hose ab ich bitte um Ruhe beruhigen sie sich, meine Damen und Herren was haben sie denn mein Kopf sitzt fest auf meinem Hals was wollen sie mehr, meine Damen und Herren Kopf Hals Rumpf aufeinander übereinander in der Reihenfolge wie es gehört platziert einen Kasten WETTACH ich wette sie bringen mich nicht vom Fleck aber nicht an den Haaren ziehen NOAK nichts, meine Damen und Herren was nicht geht nichts was ein klarer Kopf nicht bewegt nichts was der Herr Sprechstallmeister nicht vermisst mit seinem scharfen Blick nichts Wirres das er nicht zurechtrückt WETTACH aber so ein Satz von ihnen, Herr Direktor immer auch ein Gewinn jedes Wort an seinem Platz und das Ganze überspannt ein Sinn wenn ich sie recht verstehe NOAK als Sprechstallmeister, knallt mit der Peitsche Enthaltung Selbstbeschneidung sonst gelingt die Übung nicht was quillt aus den Einkaufstaschen Marzipan Mohair und Lack jeder sucht das Schöne und das Feine innen aber sind wir nackt unhörbare Wellen tasten sich durch unsre Venen lecken uns von innen ab doch wir werden uns daran gewöhnen WETTACH schüttelt ironisch den Kopf wie verlässt sich der Herr Sprechstallmeister nur immer auf den rechtzeitigen Einfall nie trifft er vorbei immer schneidet er hinein in das Innere vom Ei ohne daß er sich bekleckert seine Worte werfen sich auf unser Interesse so verlässlich dass wir unter ihrer Wärme wie die Krokusse gedeihen NOAK grob, Wettach macht unwillig mit nicht schütteln nicken nicken den Kopf runterdrücken nicht die Kinnlade allein ganzer Schädel und sich bücken bücken sag ich was heißt bücken Rückgrat knicken Wirbel biegen Nasenspitze auf und nieder auf und nieder und zurück und nicht so gerade bitte der Blick was sagt der in jede Magenfüllung einwilligende Appetit WETTACH eingeschüchtert ääh der Herr Sprechstallmeister ist ein wichtiger Mann der Herr Sprechstallmeister weiß was er spricht er befiehlt den Wolken und dann wird der Platz vor dem Zelt eine Moorgrube sein oder ein Brunnen oder ein brennend heißer Sand jeder Satz aus seinem Mund ist ein urzeitliches Gesetz und jedes Wort ein spitzer Stein ins Auge der riesigen Natur seine Zähne reinigen uns seine Zunge findet unsere Begeisterung und die Kordel ist ein noch nicht aufgeflochtener Gedanke an seiner Brust streckt die Zunge heraus, schielt auf die Belohnung in Noaks Hand aber noch schneiden die Sätze nicht teilen nicht mit in der nötigen Schärfe die der Herr Sprechstallmeister beherrscht streckt die Zunge heraus, Noak steckt ihm die Belohnung in den Mund memoriert Messer bricht in tausend Stücke Wasser sägt an einer Brücke NOAK ach was ein Gedicht, Wettach wollen sie sich in die Nesseln setzen wo ihr Kopf schon ganz zerstochen ist ihre Ohren WETTACH plötzlich wie von Wespen verfolgt ich sage nichts ich bin nicht hier ich sage nicht ich kenne mich ich sage auch nicht wo ist das Fräulein mit dem Eis aber warum bin ich dann hier NOAK genau genommen gibt es sie, Wettach nur auf dem Papier WETTACH trotzdem stehe ich wie ich sehe in dieser Beleuchtung als Leuchtfeuer da und das herumschwirrende Geflügel erkennt in mir einen Anhaltspunkt den es zum Maßnehmen nur anstechen muss wie ein Fass Bier rennt wie gestochen durch die Manege NOAK indem er Wettach dirigiert Arbeit oder soll ich sagen angeborenes Verhalten Richtlinien jedenfalls und den Blick fest im Visier WETTACH aber Herr Noak das wissen wir der Löwe lehnt seinen Kopf wenn er keinen Nachteil wittert auch an ein Gitter er küsst auch einen Eisenstab er legt sich zu Füßen einer Maßnahme und schluckt sie selbst wenn sie ihm nicht auf Anhieb behagt schon außer Atem und er zerbeißt ihren Kopf nicht unbedingt, Herr Noak wenn seine Kiefer es nicht von ihm verlangen bleibt kurz stehen, atmet heftig durch den weit aufgerissenen Mund NOAK knallt mit der Peitsche nicht Nachgeben jede Schwäche sich versagen frühzeitiges Abwehren der Gefahren feines Abstimmen der Stimme mit den jeweiligen Stimmungslagen WETTACH läuft im Kreis, Noaks Peitsche ausweichend Herr Dompteur eine Frage welche Art von Interesse haben sie an mir NOAK ruhiges sicheres Erscheinen kein ruckartiges sich Aufbäumen kein sich plötzliches Bücken nach Stöcken nach herausfallenden Stuhlbeinen ein paar Gewohnheiten über Jahre und genaue Arbeitszeiten damit sich die Tiere nicht zuviel untereinander beraten knallt mit der Peitsche WETTACH bleibt keuchend stehen Vorsicht ich bin aus Papier NOAK schön sich bücken bis zum Boden tiefer tiefer also es geht doch Wettach stolpert nach vorn in eine tiefe Verbeugung, sein Rock fällt über seinen Kopf. Tusch, Beifallsgeräusche. Der Hund hebt den Kopf, klopft mit dem Schwanz, bleibt jedoch liegen. Bild 14 NOAK knallt mit der Peitsche, als Sprechstallmeister meine Damen und Herren der Knochenbau die feste Masse das Erstarrte das Steinharte die Unterfütterung des ausweichenden nachgebenden Grunds die Stütze unserer Gewässer Unterbau von Wald und Flur das Fundament die Platte also auf der alles steht sie bröckelt wackelt schwankt ist schon fast nicht mehr da gibt Wettach einen Schubs die Haltung Wettachs bekommt Schlagseite harte Unterlagen weichen Ufer ziehen sich zurück da heißt es näher zusammenrücken eine Brücke schlagen in den Alltag wieder sozusagen Cinzia muß ihr Trikot flicken statt Pailletten näht sie Karpfenschuppen an die Ärmel auf den Rücken und sie rutscht auf allen Vieren tastet ihren Wagen ab nach den Scheren Nadeln Kreiden die jetzt stochern schneiden feilen in den Fellen unterkühlter Füchse Dachse Hermeline Wiesel die sich unter ihrem Bett frierend aneinanderdrücken Hunde sind auch dabei Katzen Mäuse ja das Gleichgewicht des Wagens ist so auf der Kippe kleinere Tiere huschen ins Zelt kneift die Augen zusammen und treiben im Wasser da nicht die Treiber ohne Stöcke ohne Rum in den Taschen jammern weil sie statt der Flaschen Wasser in den Taschen haben ansaufen werden sich die Kleider manche trinken gar Benzin können von Schweiß es nicht unterscheiden und Blut ein bisschen ist auch dabei und ein Socken rutscht vom Fuß eine Hose teilt sich leise und ein Hemd hüpft im Kreis die Fasson verliert es leider grauenhaft bläht es sich auf platzt in einem Drahtverhau Wettach richtet sich mühsam auf größere Tiere warten auf Einlass schlägt Wettach grob auf den Rücken was ist, Wettach kümmern sie sich zu den Tieren in den Sitzreihen meine Herrschaften machen sie Platz packt Wettach am Genick Platz für die Gehetzten die Verschwitzten machen sie Platz, meine Damen und Herren für die um Atem Ringenden erheben sie sich lassen sie die ans Ufer sich Schleppenden an ihren knirschenden Zähnen vorbei bittet die wartenden Tiere in die Sitzreihen einige der schon anwesenden knirschen mit den Zähnen was kümmert uns ein Artist der vor einem voll besetzten Zelt zittert wie ein Wilderer vor einem Gericht es wird sich der Hirsch im Wald schon nicht verirren bläst uns nicht manchmal auch der Wind scharf ins Gesicht warum sollte ein schönes Tal für sich behalten wollen all sein Wasser oder die Luft den hin und her schallenden Gruß das Kaninchen in der Grube sich wundern über den Schuss diesen Sitzplatz, Wettach einem unvorhergesehenen Gast zu einem Hermelin bitte sehr zu Wettach was ist, Wettach fangen sie an WETTACH dem das Ganze zunehmend unangenehm wird ich habe die Anweisung nicht verstanden NOAK zum Publikum ja wollen sie uns nicht erschrecken, Wettach lassen sie sich nicht so bitten Wettach macht ein ratloses Gesicht aber gut wenn einer fernbleiben will ein Schwitzen vorgaukelt bei sich zu Hause in Kaninchenfell sich schmiegt bevor er noch etwas spürt packt Wettach brutal am Genick auffressen lassen sage ich, Josef wie es die Kunst von uns verlangt pathetisch wir riskieren Kopf und Kragen wir brechen uns die Knochen während andere an ihren ausgelösten Fleischstücken nagen Wettach schneidet probehalber eine fürchterliche Grimasse begutachtet Wettachs Grimasse abschätzig, lässt ihn los haben wir nun volles Haus oder müssen wir uns einen Andrang ausmalen, Wettach warum sind die Menschen so apathisch eine innerliche Hitze die ertragen sie fast nicht brauchen es schattig aber nicht nass und dann ist es wieder zu grün im Gras z u gemütlich sehen sie nach einer Stunde wetzen sie schon wieder hin und her auf ihren Sitzen die Geruhsamen verwildern die Betulichen verrohen sagen sie, Wettach was machen sie da WETTACH ich suche das Antragsformular NOAK mit Nachdruck wir fordern Mietminderung an das Vorige anschließend und furchtbarer noch als die immer Verhinderten sind die auf das Kommen ganz Versessenen die reserviert haben, Josef wer sich auf seinen Sessel verlässt hat uns schon den Rücken gekehrt wer die Lehne benützt wird abgelehnt ein sich zurücklehnender Rücken bringt dem Zirkus kein Glück in meine Anweisungen hineingleiten wie in einen Pelz, Josef Wettach öffnet seinen Rock, sucht in seiner Innentasche, ein Papier entfaltet sich, schwebt in die Höhe und verschwindet. Beide schauen ihm mit großen Augen nach. Sphärische Klänge, dann Tusch. Copyright © Stefan Zeiler