Schillers Locken
Kunstvideo, D 2014
Länge: 21 Min.
Video DV
Synopsis
Schillers „Ästhetische Erziehung des Menschen“ wird auf seine auch heute noch aktuelle Kulturkritik hin gelesen, mehr noch aber auf die Struktur des Textes hin angeschaut, dessen dichotome, normative Aussagen dazu dienen, das karge Bauwerk eines Flusswehrs zu „beschriften“. Vor dem Hintergrund von Sichtbeton und schäumenden Wassermassen werden philosophische Begriffe zwar scheinbar fasslich, doch nimmt der originale Text dabei auch Schaden: reduziert auf Satzfragmente, die im Bild ein Eigenleben führen, wird das Nach-Denken über Schönheit visuell ästhetisiert. Schillers Versuch, der aufgeklärten Gegenwart den schönen Schein und die Reinheit des Herzens in Erinnerung zu rufen, gerinnt hier mit den Mitteln einer „camera povera“ und einem rhythmisch montierten Lettering-Design zu einem Verwirrspiel knapper Kommentare, Buchstaben, die das Wasser, die Natur wie auch die Bauten überschreiben, ganz in buchstäblichem Sinn.
Kommentar
Drehort war das Streichwehr an der Museumsinsel in München. Formale Anregung war „Histoire(s) du cinema“ von Jean-Luc Godard. Dass sich eine Taube beim spontanen Dreh dann auch so einfühlsam verhalten hat, wie sie sollte, billigt dem Spiel des Zufalls jene Qualität zu, die wohl Schiller auch im Auge hatte, als er schrieb: „Der Mensch soll mit der Schönheit nur spielen, und er soll nur mit der Schönheit spielen. Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
Premiere
Domagk-Ateliertage XXI, München 2014